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Biodiversität: Warum gute Schokolade die Umwelt retten kann

Biodiversität: Warum gute Schokolade die Umwelt retten kann

Auf der Erde gibt es hunderttausende verschiedene Pflanzen- und Tierarten. Und doch stammt die Milch in eurer Schokolade zu großer Wahrscheinlichkeit von immer derselben Kuhrasse. Und egal wo Ihr Bananen kauft, Ihr bekommt immer dieselbe Sorte. In Zahlen heißt das, dass 95 % der Kalorien, die die gesamte Menschheit zu sich nimmt, sich aus gerade mal 30 Pflanzen- und Tierarten zusammensetzen. Wir haben das tolle Buch „Bread, Wine and Chocolate: The Slow Loss of Foods We Love“ von Simran Sethi gelesen. Für euch fassen wir zusammen, warum die Biodiversität in großer Gefahr ist, wie ein Worst-Case-Szenario aussieht und – am wichtigsten! – was jede und jeder von uns dagegen tun kann. Spoiler: Richtig lecker Essen!


Das Buch 

Simran Sethi ist Journalistin, Podcasterin (The Slow Melt, unser Lieblings-Schokoladen-Podcast!) und Autorin rund um die Themen Essen, Nachhaltigkeit und social change. In ihrem preisgekrönten Buch „Bread, Wine and Chocolate: The Slow Loss of Foods We Love“ beschäftigt sie sich mit unserer Ernährungsweise und erklärt, warum die Biodiversität der Erde – und damit auch unser Lieblingsessen – in großer Gefahr ist.
„This is a book about food, but it’s really a book about love“, schreibt Simran Sethi. Und genau das ist das Tolle an ihrem Buch: Neben vielen spannenden Infos geht es vor allen Dingen um Genuss, Leidenschaft und Hingabe zu gutem Essen. Und darum, wie wir alle dadurch die Biodiversität retten können.
 

Kakaofarm in Indien von Soklet

Biodiversität im Kakaoanbau: Bean-to-Bar-Kakaofarm in Indien ©Soklet


Die „Global Standard Diet“ und der Verlust der Biodiversität
  

Lange Regale im Supermarkt suggerieren riesige Auswahl. Doch wenn man genauer hinsieht, ist genau das Gegenteil der Fall. Denn es gibt viel zwar viel Auswahl, aber immer der gleichen Marken und Zutaten. Ein Beispiel: 90% der Milch, die in Joghurt, Eis oder Käse steckt, stammt von nur einer Kuhrasse, der Holstein-Friesian-Kuh. Warum? Weil diese Kuh besonders viel Milch gibt. Ein gleiches Bild ergibt sich bei Obst, Gemüse und Getreide. Um dem riesigen Bedarf der Konsumentinnen und Konsumenten gerecht zu werden, wird auf wenige, dafür ertragreiche und möglichst widerstandsfähige Sorten gesetzt. Einheitsbrei around the world – sogar wortwörtlich. Denn dieser riesige Bedarf an so wenigen Lebensmitteln liegt darin begründet, dass wir alle uns gleich ernähren. Simran Sethi nennt das wie viele andere Expertinnen und Experten in diesem Bereich „Global Standard Diet“: Weizen, Reis, Mais, Palmöl und Sojabohnen machen den Großteil des Speiseplans von vielen Menschen rund um den Globus aus. 

Was aber würde passieren, wenn nun eine Krankheit die Holstein-Friesian-Kuh bedrohen, ein Pilz die Standard-Weizensorte befallen oder eine Insektenplage den Mais ausrotten würde?

Wenn die Menschheit sich weiterhin zum großen Teil von gerade mal 30 Pflanzen- und Tierarten ernährt, so Simran Sethi, kann ein solches Szenario verheerend sein. Die Lebensmittel, die wir kennen, könnten komplett verschwinden. Wir müssen aber gar nicht erst in die Zukunft gucken, um zu erkennen, dass die „Global Standard Diet“ nicht gut für unsere Umwelt und Gesundheit ist: Kohlenhydrate aus Weizen und Co geben wenig Energie und diese Ernährungsweise zieht häufig einen Vitamin- und Nährstoffmangel nach sich, um nur zwei gesundheitliche Auswirkungen zu nennen. In der Landwirtschaft führt der große Bedarf an bestimmten Lebensmitteln zum Anbau in Monokulturen, die Ökosystemen schaden, Lebensräume von Tieren zerstören und oft mit Pestiziden zu höchstmöglichem Ertrag gebracht werden. Wir alle essen das Gleiche – und das ist ein Problem.
 

Alles auf Anfang? 

Der Verlust der Biodiversität ist nicht einfach umzukehren, alte Sorten können nicht mal eben wiederhergestellt werden, kaputte Ökosysteme erholen sich nicht. Die heutige Landwirtschaft wurde über Jahrhunderte geformt, durch klimatische Veränderungen, politische Entscheidungen, die Globalisierung – und durch Konsumentscheidungen der Menschen. Denn die Farmerin oder der Farmer baut das an, was die Menschen kaufen. Und genau dort beginnt der Wirkungshorizont von jedem und jeder von uns und euch: auf dem Teller.
Denn es ist genug für alle da. Unter einer Voraussetzung: Wir dürfen uns nicht von immer denselben 30 Lebensmitteln ernähren.


3 Dinge, die jede/r von uns tun kann

Die Entscheidung beginnt also auf dem Teller … oder besser noch: im Einkaufskorb. Hier sind 3 Dinge, mit denen wir alle sofort anfangen können, um die Biodiversität zu erhalten:

 

  1. Kauft lokal. Das kommt nicht nur der lokalen Wirtschaft zugute und ist besser fürs Klima, weil die Lebensmittel nicht erst halb um die Welt gereist sind, sondern gibt euch die Möglichkeit, saisonale Obst- und Gemüsesorten zu entdecken, die nur in eurer Gegend wachsen.
  2. Kauft direkt. Im Supermarkt sind meist die Lebensmittel zu finden, die die Masse der Menschen will. Auf dem Wochenmarkt oder im Hofladen des nächsten Bauernhofs findet Ihr hingegen Sorten, die Ihr vielleicht nur aus einem Spezialgericht eurer Oma kennt: Altes, heimisches Gemüse, das zwar nicht dem Aussehen und Geschmack von Mainstream-Lebensmitteln entspricht, aber sicher mindestens genauso gut schmeckt. Tolle Öko-Märkte in und um Berlin findet Ihr übrigens hier.
  3. Esst divers. Wenn die ganze Welt aufhört, Weizen und Mais zu essen, und stattdessen zu Quinoa und Avocado greift, hat das natürlich auch keine guten Folgen. Diversität und Abwechslung sind die Zauberwörter. Eurer Gesundheit, der Biodiversität, dem Klima und euren Geschmacksnerven zuliebe. Wir finden: Es gibt kaum Schöneres, als unbekannte oder vergessene Lebensmittel zu entdecken!

 Kakaobohnen aus Honduras Biodiversität durch Permakultur: Kakaobohnen aus Honduras ©Chocolate Alchemy

Und was ist mit Schokolade?

Simran Sethi ist leidenschaftlicher Schokoladen-Fan. Doch auch ihre und unsere Lieblingsnascherei ist in Gefahr. Welche Schokolade sollte man also kaufen, um die Biodiversität zu erhalten?
Wir können es nicht oft genug betonen: Finger weg von Schokolade großer Hersteller wie Nestlé! In erster Linie natürlich, weil Kakao aus Kinderarbeit drin ist und Nestlé unserer Meinung nach im Allgemeinen abzulehnen ist. Aber auch, weil Kakao aus Kleinanbau viel besser ist. Dabei geht es nämlich nicht um den größtmöglichen Ertrag und den widerstandsfähigsten Kakaobaum, sondern um Kakaoanbau im Einklang mit dem Ökosystem. Kakaobäume können sogar einen super Beitrag zur Aufforstung von Regenwald und somit zu gesunden Ökosystemen leisten. Sie sind Schattengewächse, wachsen also im Schatten größerer Bäume – von Natur aus das Gegenteil von Monokulturen.
Ebenfalls toll: Kakaosorten abseits vom Standard Konsumkakao sind geschmacklich ganz unterschiedlich und überraschen mit ihrer Vielfalt selbst uns bei Theyo immer wieder!
Auch beim Schokoladenkonsum gilt: So direkt wie möglich kaufen. Direct Trade und Bean-to-Bar sind tolle Möglichkeiten, um als Konsumentin und Konsument nachvollziehen zu können, wo die Kakaobohnen herkommen, unter welchen Umständen sie gewachsen sind und welche Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität Farmerinnen und Farmer treffen. So kann auch das Stück Schokolade ein Stück zur Biodiversität beitragen. 😉
 
 
https://www.youtube.com/watch?v=OqlpYDmgJD8

 

Plädoyer für mehr Genuss

Simran Sethis Buch ist schockierend, weil es uns vor Augen führt, wie ernst es um die Biodiversität unserer Erde steht. Es ist aber gleichzeitig eine Ode an gutes Essen und bewussten Genuss. Und diese Einstellung teilen wir.
Wir haben das Privileg, entscheiden zu können, was auf unseren Tellern landet. Und diese Entscheidungsfreiheit sollten wir nutzen! Unserer Gesundheit zuliebe, dem Klima zuliebe, der Vielfalt zuliebe … und dem Genuss zuliebe. Probiert Neues, stöbert über Märkte, besucht einen Bauernhof, kocht mal was ganz Anderes, trinkt Craft Beer, esst Farro und nascht richtig gute Schokolade. 💛
Große Leseempfehlung für alle, die Essen lieben und sich für nachhaltigen Konsum interessieren: „Bread, Wine and Chocolate: The Slow Loss of Foods We Love“ von Simran Sethi.
 
PS: Falls Euch das Thema Biodiversität auch aus Herstellersicht interessiert, schaut Euch unbedingt mal den TedTalk von Alastair von Chocolate Tree an. Oder organisiert ein virtuelles Teamevent mit uns – hier erfahrt Ihr alles, was Ihr schon immer über Nachhaltigkeit und faire Schokolade wissen wolltet!

Interessiert Euch Biodiversität im Schokoladenbereich?
Uns liegt das Thema besonders am Herzen! Falls Ihr mehr dazu wissen wollt, lasst es uns gerne wissen → hallo[at]theyo.de

Header-Foto von Simran Sethi

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